Die Friedhöfe von Przemyśl

In Przemyśl, einer Stadt mit tausend­jähriger Geschichte, spiegeln die Friedhöfe ein bedeutendes Element der Kulturgeschichte und einzelner Lebensläufe wider. Das Przemysl von damals war eine multinationale Grenzstadt mit einer besonderen Kulturatmosphäre. Heute finden wir diese Vielfältigkeit in ihrer ganzen Pracht auf verschiedenen Grabsteinen mit Na­men aus ganz Europa und religiöser Symbolik mehrerer Konfessionen. Wenn man die Stadt kennen lernen will, sollte man ihre Friedhöfe besichtigen.

Gegenwärtig gibt es in Przemyśl siebzehn Friedhöfe. Acht von ihnen befinden sich auf der „Zniesienieerhöhung“ südlich vom Stadtz­entrum.

Besondere Bedeutung unter ihnen hat der Hauptfriedhof (Cmentarz Główny), gegründet um 1855. Er ersetzte den „ alten“, überfüllten, welcher sich bei der jetzigen Konarskiegostraße befand. Die neue Bestat­tungsstelle wurde auf einem symmetrischen Grundriss angelegt mit einer Kappelle in der Mitte, gebaut 1859. In der Nähe der Kap­pelle und entlang der Allee, die zu ihr führte, entstanden bald bedeutende Grabmäler. Es wurden hier sowohl hohe Staatsbeamte, kirch­liche Würdenträger und Offiziere als auch polnische Aufständische, Wissenschaftler und Künstler bestattet.

Die bis heute erhaltene Kleinarchitektur weist hohes Niveau auf. Die dazu gehören­den Skulpturen stammen unter anderem von lembergischen Bildhauern wie Paweł Eutel, Johann Schimser, Ludwik Tyrowicz und Julian Markowski. Interessant sind auch die Grab­steine, die man vom alten Friedhof hierher ge­bracht hat. Der älteste stammt aus dem Jahre 1806. Der Friedhof wurde mehrmals vergrößert und anfangs des XX Jh. hat der historische Teil die Form bekommen, die bis heute zu sehen ist. 1909 entstand entlang der Slowackiegostraße eine markante Mauer in neugotischem Stil.

Die Raum gestaltenden Elemente wie die Hanglage, die vielfältige Kleinarchitektur und der alte Baumbestand bewirken eine ein­drucksvolle Stimmung.

Der sich direkt nebenan befindende jüdische Friedhof entstand ca. 1860. Auch bei dieser Neugründung war die Überfüllung des alten, welcher sich bei der Rakoczegostraße befand, ausschlaggebend. Der alte diente seit dem XVI Jh. und hat heute keine Grabsteine, weil sie während des II Weltkriegs von der deut­schen Besatzung entfernt wurden. Das einzige Zeugnis seiner ehemaligen Existenz ist eine Backsteinmauer, die den Friedhof umzäunt hatte.

Der neue jüdische Friedhof ist von der Slowac­kiegostraße mit einer 1913 gebauten Mauer

getrennt. Die ältesten Stelen (Grabsteine) kommen aus der Zeit um die Jahrhunder­twende (XIX/XX) und befinden sich im mit­tleren, ältesten Friedhofteil. Sie besitzen alle Merkmale der jüdischen Grabstein­kunst. Sie sind mit traditionellen Motiven in Relieftechnik verziert.

Oberhalb des Hauptfriedhofs führt eine kurvenreiche Strasse zu vier verschie­denen Friedhöfen aus der Zeit des Erstens Weltkriegs. Hier ruhen Tausende Soldaten, die bei blutigen Kämpfen während der dreifachen Belagerung der kaiserlichen und königlichen österreichisch-ungarischen Festung Przemysl in den Jahren 1914 - 1915 ihr Leben lassen mussten. Die Friedhöfe wurden am 1. Novem­ber 1916 geweiht. Nebeneinander befinden sich getrennt Ruhestätte für österreichisch-un­garische, deutsche, russische und nicht iden­tifizierte Soldaten. Mit Ausnahme des deut­schen Friedhofs, der in Form eines Mausoleums gebaut wurde, sind sie sehr einfach.

Einen ganz anderen Charakter hat das ebenfalls während des Ersten Weltkriegs entstandene Friedhof-Denkmal für die österre­ichisch-ungarischen gefallenen Verteidiger im Stadtteil Zasanie bei der heutigen Boleslawa Śmiałegostraße. Sein markantester Teil, gut komponiert mit einer Steinmauer und einer Kappelle, ist ein Stahlkreuz mit der Inschrift „MORTUIS PRO PATRIA“. Das Material fürs Kre­uz stammte von der während des Krieges ge­sprengten Brücke. Seit 1939 wird das Gelände oberhalb als Gemeindefriedhof benützt.

Bei der Kasztanowastraße gibt es einen Ukrainischen Militärfriedhof, gegründet ca. 1920. Hier ruhen die Kriegsgefangenen und internierten ukrainischen Soldaten, die in den Jahren 1918 – 1920 gestorben sind.

In den 20-er Jahren des XX Jh. wurde auf einem Teil des Friedhofs aus dem Ersten Weltkrieg bei der Przemysławastraße ein Militärfriedhof angelegt. Das wichtigste Objekt darauf ist das Grab des „Unbekannten Soldaten“, das am 31. Mai 1925 geweiht wur­de. Links und rechts von der Allee, die zum Mahnmal führt, sind heute auch die Soldaten, die während des Zweiten Weltkriegs gefallen sind, begraben. Hier befinden sich auch symbo­lische Gräber von Soldaten und Zivilisten, die in den Jahren 1939 – 45 in damaligen polnischen Ostgebieten und der Sowjetunion ums Leben gekommen sind.

Auch ein Zeugnis aus dem Zweiten Weltkrieg ist der Deutsche Militärfriedhof oberhalb des Hauptfriedhofs. Geweiht wurde er am 7. Oktober 1995. Hier fanden die Solda­ten, die bis dahin zerstreut auf verschiedenen Friedhöfen in der Umgebung von Przemyśl be­graben waren, die letzte Ruhe.

Außerdem gibt es in Przemyśl noch andere Kleinfriedhöfe. Es sind Dorffriedhöfe ehemaliger Vororte, die im Laufe der Zeit Stadtteile von Przemyśl wurden. Sie befinden sich rund um die griechisch – katholischen Kir­chen bei Pikulice, Sielec und Wilcze und bei der römisch - katholischen Kirche im Kruhel Mały.

 

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